Was hat die REACH-Verordnung mit Medizinprodukten zu tun?

REACH steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals, also Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien. In der REACH-Verordnung werden aber nicht nur chemische Stoffe betrachtet, sondern auch Erzeugnisse. Unter einem Erzeugnis versteht die REACH-Verordnung einen „Gegenstand, der bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhält, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung seine Funktion bestimmt“ (gem. Art. 3 Nr. 3). D.h. auch die meisten Medizinprodukte werden als Erzeugnis betrachtet.

Welche Pflichten haben Produzenten, Importeure und Lieferanten von Erzeugnissen unter der REACH-Verordnung?

Zuallererst ist zu beachten, dass die REACH-Verordnung auf folgende Akteure in der Lieferkette anwendbar ist:

  • Produzent eines Erzeugnisses: eine natürliche oder juristische Person, die ein Erzeugnis in der Gemeinschaft produziert oder zusammensetzt (gem. Art. 3 Nr. 4 der REACH-Verordnung). Dieser ist nicht zwingend gleichzusetzen mit dem legalen Hersteller von Medizinprodukten (gem. Art. 2 Nr. 30 der Verordnung (EU) 2017/745), sondern hier geht es um den tatsächlichen Fertiger des Produktes.
  • Importeur: natürliche oder juristische Person mit Sitz in der Gemeinschaft, die für die Einfuhr verantwortlich ist (gem. Art. 3 Nr. 11 der REACH-Verordnung).
  • Lieferant eines Erzeugnisses: Produzent oder Importeur eines Erzeugnisses, Händler oder anderer Akteur der Lieferkette, der das Erzeugnis in Verkehr bringt (gem. Art. 3 Nr. 33 der REACH-Verordnung). Z.B. kann auch der legale Hersteller eines Medizinproduktes unter der REACH-Verordnung als Lieferant betrachtet werden.

Diese Akteure benötigen nun Informationen darüber, welche Stoffe in den Erzeugnissen enthalten sind und in welchen Mengen bzw. Konzentrationen. Demnach ist Folgendes zu beachten:

Sind Stoffe enthalten, die während der Verwendung des Erzeugnisses freigesetzt werden sollen, wie beispielsweise bei duftenden Produkten? Wenn ja und falls die entsprechenden Stoffe in einer Menge von einer Tonne oder mehr pro Jahr enthalten sind, müssen diese registriert werden, sofern sie nicht bereits für diese Verwendung registriert wurden (gem. Art. 7 Abs. 1 und 6). Es ist zu beachten, dass die Menge die Gesamtmenge des Stoffes in allen Erzeugnissen des Importeurs oder Produzenten beinhaltet.

Darüber hinaus muss nach Artikel 40 der CLP-Verordnung der betroffene Produzent oder Importeur des Erzeugnisses, der einen unter Artikel 39 der CLP-Verordnung fallenden Stoff in Verkehr bringt, der ECHA weitere Informationen mitteilen, sofern sie nicht bereits als Teil der Registrierung übermittelt wurden.

Registrierungspflicht

Sind besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) enthalten? Wenn ja und falls diese in einem Anteil von mehr als 0,1 Massenprozent enthalten sind, müssen ausreichend Informationen bereitgestellt werden, um eine sichere Verwendung des Produkts gewährleisten zu können. Dies ist erforderlich, sobald die Stoffe in die Liste der infrage kommenden Stoffe (Kandidatenliste) aufgenommen wurden. Außerdem müssen Informationen zu den betreffenden Erzeugnissen an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) übermittelt werden. Dieser Mitteilungspflicht wird durch eine Eintragung in die SCIP-Datenbank (Substances of Concern In Products, gem. Art. 9, Abs. 1 (i) und 2 der Abfallrahmenrichtlinie) nachgekommen.

Lieferanten von Erzeugnissen sind nach Artikel 33 gegenüber Abnehmern und Verbrauchern zur Informationsweitergabe verpflichtet, gegenüber Letzteren allerdings nur auf deren Ersuchen hin. Zusätzlich ergeben sich Mitteilungspflichten gegenüber der ECHA für Produzenten und Importeure von Erzeugnissen nach Art. 7 Abs. 2, d.h. sofern gleichzeitig die Gesamtmenge von 1 Tonne für einen SVHC-Stoff pro Jahr überschritten wird. Die Mitteilungspflicht kann entfallen, wenn eine Exposition von Mensch und Umwelt unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen ausgeschlossen werden kann (gem. Art. 7 Abs. 3). Außerdem entfällt die Mitteilungspflicht, wenn die Stoffe für eine entsprechende Verwendung nach Artikel 6 registriert worden sind (gem. Art. 7 Abs. 6).

Informationspflichten

Sind in den Erzeugnissen Stoffe mit eingeschränkter Verwendung (gem. Anh. XVII der REACH-Verordnung) enthalten? Die dort aufgeführten Beschränkungen müssen beachtet werden. Je nach Art der Beschränkung können alle Akteure in der Lieferkette, also Produzenten, Importeure oder Lieferanten von der Umsetzung betroffen sein. Falls erforderlich müssen z.B. Importeure entsprechende Einfuhren einstellen.

Beschränkungen

Stoffe mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften (SVHC) unterliegen zudem einer Zulassungspflicht, wenn sie in Anhang XIV der REACH-Verordnung gelistet sind. Um diese Stoffe bzw. Erzeugnisse, die diese Stoffe beinhalten, weiter verwenden oder in Verkehr bringen zu können, muss eine Zulassung beantragt werden.

Zulassungspflicht

Vor diesem Hintergrund sollten Sie sich also bei Ihren Lieferanten erkundigen, ob dies auf gelieferte Stoffe bzw. Erzeugnisse zutrifft und welche Pflichten Sie in der Lieferkette erfüllen müssen. 

Gerne helfen wir Ihnen bei der Zuordnung und Beurteilung und beraten Sie umfassend zum weiteren Vorgehen.

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  1. Die CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) regelt die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen. Die Abkürzung CLP steht für den englischen Titel der Verordnung "Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures".
  2. SVHC: Die englische Abkürzung steht für „Substance of Very High Concern“, auf Deutsch also für "besonders besorgniserregender Stoff". Dies sind Stoffe, welche die unter REACH Artikel 57 definierten Eigenschaften haben und in einem speziellen Verfahren als SVHC identifiziert und auf die REACH-Kandidatenliste aufgenommen wurden.